Trachten

Die farbenfrohen Trachten der Frauen und Mädchen von damals enthoben sie der heutigen Sorge, modisch gekleidet zu sein. Es war sehnlicher Wunsch schon der jungen Mädchen, eine schöne Tracht zu bekommen, ein Wunsch, der oft nicht erfüllt werden konnte, denn die Stoffe und das schmückende Beiwerk blieben für manche Familien unerschwinglich.
Die Tracht war früher - bis etwa zur Jahrhundertwende - nicht nur die selbstverständliche Kleidung an Sonn- und Feiertagen beim Kirchgang, man trug sie auch bei der täglichen Arbeit, allerdings in einfacherer Ausführung. Aber bereits vor dem 1. Weltkrieg bürgerte sich einfachere und zweckmäßigere Kleidung ein. Doch noch bis zum 1. Weltkrieg trugen Frauen üblicherweise eine weitärmelige Bluse (das "Miedala") und unter ihrem Kopftuch die Haube. Die Tracht wurde in der Farbe dem Anlass angepaßt. War ein junger Mensch gestorben, begleiteten ihn 10 bis 12 oder noch mehr Mädchen in blauer Tracht und mit brennenden Kerzen zur letzten Ruhe. Auch konnte man die ledige von der verheirateten Frau unterscheiden, denn die ledige ging ohne Kopfbedeckung, die verheiratete trug eine Haube.

Ende der 20er Jahre machte sich mehr und mehr der modische Einfluß auf die Frauenkleidung bemerkbar, so daß die Schmiedshauer Tracht nur noch zu ganz besonderen Anlässen getragen wurde wie zur Hochzeit, Taufe oder zum Begräbnis. Bei der, Hochzeit kam die Tracht bis zuletzt zur vollen Prachtentfaltung, insbesondere bei den Mädchen und Frauen, weniger bei den Männern, die nach dem 1. Weltkrieg ihre wenig ansprechende Tracht nicht mehr anlegten. Zur Aussteuer der Braut zählte naturgemäß auch Trachtenkleidung. Die für heutige Verhältnisse bescheidene Standardaussteuer bestand aus 4 Bändelhemden, 4 Miedern 4 Brustflecken, 2 Vorschürzen, 5 Sonntagsröcken, 5 Maiken (eng anliegender Rock) 2 Ottonken, 7 Kopftüchern und einigen Hauben und Drümmeln. Für die Kleidung ("Geröj", Gewand) hatte die Braut 2 Truhen, eine kleine für das Wochentags- und eine große für das Feiertagsgeröj. Die Kleidung der Braut war einfach. Auf das schlichte "Pendelhemd" - das von der Mutter 'in zwölf Nächten gesponnen, gewebt und genäht worden war, um ihre Tochter in der Brautnacht vor Hexerei und Zauberkunst zu bewahren - wurde ein kurzes "Miedala" und ein gefärbter, manchmal geblümter, "gewalgeter" (plissierter) Rock (Kittäuj) gezogen, darüber eine blaue Vorschürze. Auf diese kam ein Rock aus "Chomolot" mit einer kurzen Schürze aus Perkalleinen, das später durch "Patalat", "Tentuch" oder Seide ersetzt wurde. Die Schürze hatte lange breite Bänder, die bis zum Rockende reichten. Über das einfache Mieder folgte ein zweites mit bauschigen Ärmeln und goldgesticktem Kragen ("Gollnar") und Ärmel-ansatz. Darüber zog man ein grüngeblumtes Leibel, den "Prüfleck", der mit einer Masche verziert war. Die Füße steckten in rohledernen "Pumpschuhen", die bis unter die Knie reichten. Später kamen dann die "Kletzäujschuh" (Stöckelschuhe) und die "Tschechala" (Halbschuhe) in Mode, Geschenke des Bräutigams. In die Schuhe wurde, damit der Braut nichts "widerfahre", G'honneskraitèg" (sederitis) gelegt. Das Haar war in der Mitte gescheitelt und die Flechten mit gekreuzten Haselstecken aufgesteckt. Es wurde mit 30 - 50 bunten Bändern, die bis zu den Fersen reichten und, weil sie im Winde flatterten, "d'Wlätala" hießen, durchzogen. Der besondere Schmuck der Braut war das "Goldbartel", ein schmales Haubentuch mit Goldspitzen und zwei weiß und rot geblumten Goldborten, an deren Zipfelenden zwei breite, bis zum Gürtel reichende Schleifen befestigt waren. Im Winter wurde die Braut noch in ein Fuchsenröckel, das man von bekannten Deutsch-Probenern geliehen hatte, gehüllt.

Auch der Anzug des Bräutigams war schlicht und einfach. Über der "Gat'n" (Unterhose aus Hausleinen) trug er eine blaue Tuch-Gewandhose aus Deutsch-Probener Tuch, die an den Knöcheln eng gefaßt und mit je zwei Drahthaken zusammengehal-ten wurde. Die Seitennähte und die Vorderseite der Schenkel waren mit einer schwar-zen, geflochtenen Schnur, der sogenannten "Brumme", verziert. Die Hose hatte keine "Säckel"; der Vorderteil, der sogenannte "Hundsfott", der an beiden Hüften an ei-nem Haken befestigt war, wurde mit einem roten Tuch oder einem Hosenriemen durchzogen und mit einem "Sänkel" um die Hüften geschnallt. Das Leinenhemd war von der Braut als Geschenk genäht worden. Es hatte am Halse ein schmales "Gollnar" (Saum mit zwei Bändeln). Darüber zog man ein farbiges oder schwarzes Leibel, das später durch das "Schilé" mit Glas- oder Blechkocken (Knöpfen) ersetzt wurde. Aus demselben Stoff wie die Hose war der kurze, nur bis zum Gürtel reichende Rock gemacht. Er besaß lange, weite Ärmel, in denen die Hände verschwanden. Über der Brust wurde er von zwei breiten, oft silbernen Metallspangen zusammengehalten. Al-te "Miemeln" (Frauen) erzählen noch heute, wie diese Spangen in der Anstrengung des Tanzens platzten.
Der Hut war schwarz und breitkrempig mit einer grünen Schleife. Wie die Braut trug auch der Bräutigam Pumpschuhe (Stiefel mit genähten Sohlen). Im Winter trugen alle Männer die "windische Halina" aus weißem Tuch, deren Ärmelenden und das rechteckige Rückenblatt, der "Hasuch", mit einer roten Samtschnur verziert waren.
Die Braut schmückte den Hut des Bräutigams noch mit einem Rosmarinzweig und befestigte auch einen Strauß an seiner Brust. Wenn die Rosmarinstengel während der Trauung welkten, war die Braut keine Jungfrau, der Bräutigam kein Jüngling mehr. Mit steigendem Wohlstand wurde auch die Festtagstracht anspruchsvoller. Man zog das Miedala (Mieder) an, das sich aus folgenden Kleidungsstücken zusammensetzte: aus 2 - 3 feinen, gut gestärkten, mit Spitzen besetzten Leinenunterröcken, aus einem großblumigen "Kittel" (Oberrock) aus Seide oder Wollstoff, aus 1 Miedala aus Leinen, darüber ein Obermiedala aus Tüll. Das Miedala hatte ein Stehkrägelchen aus Spitzen mit bunten Bändchen besetzt und ein buntes geblümtes, zur Masche gebun-denes Schleifchen, an den bauschigen Ärmelenden Manschetten, die so ausgebildet waren wie das Stehkrägelchen, und über die Hand fiel eine breite Tüllspitze.
Der Brustfleck über dem Miedala war ein buntes Leibchen, das mit 8 silbernen oder goldenen Zierknöpfen (Kocken) zusammengeknöpft und mit einem seidenen Bänd-chen zusammengeschnürt wurde. Zuletzt kam eine feine gebläute Tüllschürze mit breiter Spitzenborte über den Rock. In die Schürze steckte man vorne zwei 8 cm brei-te blumenbestickte Bänder, die so lang waren wie die Schürze, hinten ebenfalls zwei breite Tüllstreifen, die "Drémäujzepäuj' genannt wurden. Spitzen und Bänder muß-ten aufeinander abgestimmt sein. Zum Schluß setzte man die Haube und das Drémäuj auf.
Ein wertvoller Teil der Tracht war das Drémäuj (Drümmel), ein zusätzlicher Kopfschmuck, der sich einzig in Schmiedshau noch erhalten hatte. Das Drémäuj wurde nur von verheirateten Frauen bei festlichen Anlässen, bei Hochzeit und Taufe getragen.
Die Hochzeiten fanden nur sonntags statt - es waren oft zwei, drei und mehrere auf einmal -, die Trauungen um 14.00 Uhr. Zeitig früh mußten die Frauen schon mit dem Drémäujknep'n (Knüpfen) beginnen. Es gab nur 3 oder 4 Frauen am Ort, die über diese Kenntnis und Geschicklichkeit verfügten. Eine davon war die Jantschik-Annamiemel und die Grimmel-Mritzmiemel. Zum Anziehen und Knüpfen wurden etwa zwei Stunden gebraucht.

Das Drémäuj bestand aus einem 1,5 in langen, 40 cm breiten, feinen Leinenstreifen, der gut gestärkt und schön gebügelt sein mußte. Um das Drémäuj aufsetzen zu können, mußte man zuerst einen Unterbau für die Haube schaffen. Dazu nahm man ei-nen Khamut, einen fingerdicken Wulst aus grobem Leinen, der am Hinterkopf durch Einflechten der Haare, die lang sein mußten, hufeisenförmig befestigt wurde. So be-kam man eine glatte, feste Unterlage, auf die die Haube aufgesetzt wurde. Die Haube bestand aus dem gleichen Stoff wie der Brustfleck und hatte zwei lange Bänder, deren Ränder oft mit Stickerei verziert waren. Diese wurden um den Khamut geschlungen und festgesteckt. Nun kam das Drémäuj. Man faltete es genau in der Mitte, der Bug war sehr wichtig dabei und legte es um die Haube. Man fing an, von der Mitte aus kleine kunstvolle Fältchen zu legen, zuerst eine Hälfte nach links, die andere nach rechts, so daß von der Haube ein kleines Viereck zu sehen war, genannt Spieglein. Die Fältchen wurden einzeln mit Stecknadeln befestigt. Zum Schluß nahm man die beiden Enden der Drémäujzepäuj, die dann zu einem schönen Knoten geknüpft wurden. Was dann noch übrig blieb, wurde rückwärts in das Mieder gesteckt. Es mußte sehr sorgfältig gemacht werden, damit es beim Tanz nicht herunterfiel und auch kritischen Augen standhielt. Die Frauen trugen es mit Stolz und verschönerten dadurch den Hochzeitszug.
Die Trachtenkleidung erlebte in den 30er Jahren eine gewisse Renaissance infolge des wieder erwachenden Volksbewußtseins. So konnte man beim 1. Deutschen Katholikentag der Slowakei 1934 in Deutsch-Proben die vielfarbigen und vielgestaltigen Trachten aus fast allen Dörfern des Hauerlandes bewundern. Beim großen Trachtenfest 1936, abermals in Deutsch-Proben, war das Bild noch farbenfroher.

 

Anni Brändl geb. Greschner in der Tracht

 

Trachtenträgerinnen vor der Mariensäule, 1999

 

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